Noch 237 Tage: Betriebsratswahl 2022

Vom 1. Mrz bis 31. Mai 2022 fin­den die nchs­ten regel­mi­gen Betriebs­rats­wah­len statt. Bis zum Wahl­tag sind vie­le Auf­ga­ben zu erle­di­gen. Fr die amtie­ren­den Betriebsr­te wird es des­halb lang­sam Zeit, mit der Vor­be­rei­tung der Wah­len zu begin­nen.

Beginn ist also bereits in rund elf Mona­ten! Wir zei­gen Ihnen auf, was dabei zu beach­ten ist ins­be­son­de­re, damit sicher­ge­stellt wer­den kann, dass der betrieb­li­che Urnen­gang recht­mig, ohne Pro­ble­me und letzt­lich erfolg­reich ver­luft.

Die wesent­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen der Betriebs­rats­wahl sind in den  7 bis 20 Betriebs­ver­fas­sungs­ge­setz (BetrVG) gere­gelt. Die Details der Wahl fin­den sich fr die weit­aus meis­ten Betrie­be in der Ers­ten Ver­ord­nung zur Durch­fh­rung des Betriebs­ver­fas­sungs­ge­set­zes (Wahl­ord­nung WO).

1. Zeitpunkt der Betriebsratswahl

Der Zeit­punkt der Betriebs­rats­wahl ist in  13 BetrVG fest­ge­legt. Dort wird unter­schie­den zwi­schen regel­mi­gen und auer­or­dent­li­chen Betriebs­rats­wah­len. Bei den regel­mi­gen (tur­nus­mi­gen) Wah­len ist der Zeit­raum, in dem die Stimm­ab­ga­be statt­zu­fin­den hat, gesetz­lich fest­ge­legt, whrend eine auer­or­dent­li­che Betriebs­rats­wahl nur (und immer) dann statt­fin­det, wenn ganz bestimm­te Vor­aus­set­zun­gen vor­lie­gen.

a) Regelmige Betriebsratswahlen

Gem 13 Abs. 1 BetrVG fin­den die regel­mi­gen Betriebs­rats­wah­len alle 4 Jah­re in der Zeit vom 01. Mrz bis 31. Mai statt. Die letz­ten regel­mi­gen Betriebs­rats­wah­len fan­den 2018 statt. Die nchs­ten Betriebs­rats­wah­len fin­den folg­lich in der Zeit vom vom 1. Mrz 2022 bis zum 31. Mai 2022 (dann 2026, 2030 usw.) statt.

b) Auerordentliche Betriebsratswahlen

Auer­halb die­ser Zeit­ru­me knnen Betriebsr­te nur unter den beson­de­ren Vor­aus­set­zun­gen des 13 Abs. 2 BetrVG gewhlt wer­den, nmlich bei Absen­kung oder Anstieg der Zahl der regel­mig beschf­tig­ten Arbeit­neh­mer, Absen­ken der Gesamt­zahl der Betriebs­rats­mit­glie­der nach Ein­tre­ten smt­li­cher Ersatz­mit­glie­der unter die vor­ge­schrie­be­ne Zahl der Betriebs­rats­mit­glie­der, bei Rck­tritt des Betriebs­rats, wirk­sa­mer Anfech­tung der Betriebs­rats­wahl, Auf­l­sung des Betriebs­rats durch gericht­li­che Ent­schei­dung oder wenn ein Betriebs­rat im Betrieb noch gar nicht besteht (Erst­wahl).

Die Amts­zeit die­ser auer­or­dent­lich gewhl­ten Betriebsr­te wird durch Verln­ge­rung oder Ver­krzung der Amts­zeit so ange­passt, dass die dann fol­gen­de nchs­te Wahl wie­der im regel­mi­gen Tur­nus statt­fin­det.

Bei­spie­le:

  • Wur­de in einem bis­her betriebs­rats­lo­sen Betrieb im Jah­re 2019 ein Betriebs­rat gebil­det, hat die­ser eine ver­krz­te Amts­zeit bis maxi­mal 31. Mai 2018 (also ca. drei Jah­re lang).
  • Wird der Betriebs­rat dage­gen erst nach dem 1. Mrz 2021 gewhlt, hat er eine Amts­zeit bis in den Wahl­zeit­raum 2026 hin­ein, da zwi­schen sei­ner Grn­dung und dem Beginn des nchs­ten regul­ren Wahl­zeit­raums (1. Mrz 2022) weni­ger als ein Jahr liegt.

Wahlrecht

Im Kern einer jeden Betriebs­rats­wahl ste­hen die Fra­gen der Wahl­be­rech­ti­gung und der Whl­bar­keit. Die Wahl­be­rech­ti­gung beschreibt das akti­ve Wahl­recht zum Betriebs­rat (Stimm­recht). Die Whl­bar­keit hin­ge­gen beschreibt die Fhig­keit, selbst in den Betriebs­rat gewhlt wer­den zu knnen.

Beson­de­re Pro­ble­me hin­sicht­lich der Wahl­be­rech­ti­gung und der Whl­bar­keit stel­len sich bei gekndig­ten Arbeit­neh­mern. Dabei sind ver­schie­de­ne Fall­kon­stel­la­tio­nen denk­bar:

So kann es z.B. vor­kom­men, dass ein Arbeits­verhlt­nis vor Durch­fh­rung der Betriebs­rats­wahl gekndigt wur­de, die Kndi­gungs­frist aber erst nach Durch­fh­rung der Betriebs­rats­wahl abluft. Davon zu unter­schei­den ist der Fall, dass die Kndi­gung vor der Wahl erfolgt und die Kndi­gungs­frist zum Zeit­punkt der Durch­fh­rung der Wahl bereits abge­lau­fen ist.

In der Pra­xis fin­den sich regel­mig Flle, in denen der­lei Arbeit­neh­mer im gekndig­ten Arbeits­verhlt­nis als Wahl­be­wer­ber in der Betriebs­rats­wahl auf­tre­ten und hufig auch tat­schlich gewhlt wer­den. Hier stellt sich die Fra­ge, ob in den jewei­li­gen Fall­kon­stel­la­tio­nen ber­haupt Wahl­be­rech­ti­gung und Whl­bar­keit bestehen und wie auf eine etwa­ige Wahl­be­wer­bung und Wahl reagiert wer­den kann.

a1) Wahlberechtigung

Die Wahl­be­rech­ti­gung ist in 7 BetrVG gere­gelt. Wahl­be­rech­tigt sind danach alle Arbeit­neh­mer des Betriebs, die das 18. Lebens­jahr voll­endet haben. Wer­den Arbeit­neh­mer eines ande­ren Arbeit­ge­bers zur Arbeits­leis­tung ber­las­sen (Leih­ar­beit­neh­mer), so sind die­se Arbeit­neh­mer wahl­be­rech­tigt, sofern sie lnger als drei Mona­te im Betrieb ein­ge­setzt wer­den.

a2) Wahlberechtigung nach Kndigung des Arbeitsverhltnisses und Ablauf der Kndigungsfrist

Wahl­be­rech­tigt sind nur die Arbeit­neh­mer des Betrie­bes. Nach einer in der Recht­spre­chung ent­wi­ckel­ten Zwei-Kom­po­nen­ten-Leh­re ist daher in aller Regel zu for­dern, dass der Arbeit­neh­mer zum Betriebs­in­ha­ber in einem Arbeits­verhlt­nis steht und von ihm inner­halb der betrieb­li­chen Orga­ni­sa­ti­on auch tat­schlich ein­ge­setzt wird, ihm also ein Arbeits­be­reich als Arbeit­neh­mer zuge­wie­sen ist (BAG, Beschuss vom 17.02.2010, Az. 7 ABR 51/08).

Ob die­se Vor­aus­set­zun­gen auch bei gekndig­ten Arbeits­verhlt­nis­sen erfllt sind, hngt von der jewei­li­gen Fall­ge­stal­tung ab. Endet die Kndi­gungs­frist vor der Betriebs­rats­wahl und hat der Arbeit­neh­mer kei­ne Kndi­gungs­schutz­kla­ge erho­ben, man­gelt es im Regel­fall an einer Betriebs­ein­glie­de­rung. Die Wahl­be­rech­ti­gung ist damit dau­er­haft ent­fal­len.

Ist die Kndi­gungs­frist abge­lau­fen, hat der Arbeit­neh­mer indes Kndi­gungs­schutz­kla­ge beim Arbeits­ge­richt erho­ben, hngt die Wahl­be­rech­ti­gung davon ab, ob der Arbeit­neh­mer zunchst wei­ter­beschf­tigt wird, so z.B. in einem sog. Pro­zess­beschf­ti­gungs­verhlt­nis. Erfolgt eine sol­che Wei­ter­beschf­ti­gung, nimmt das Bun­des­ar­beits­ge­richt die wei­ter­be­stehen­de Wahl­be­rech­ti­gung an. Ist kei­ne Wei­ter­beschf­ti­gungs­si­tua­ti­on gege­ben, soll die Wahl­be­rech­ti­gung ent­fal­len. Hier argu­men­tiert das Gericht, zum Zeit­punkt der Wahl msse fest­ste­hen, ob der Arbeit­neh­mer nach 7 BetrVG whlen darf oder nicht. Die Betei­li­gung nicht wahl­be­rech­tig­ter Arbeit­neh­mer knne spter nicht mehr kor­ri­giert wer­den. Eben­so wenig knne die Stimm­ab­ga­be eines gekndig­ten Arbeit­neh­mers nach­ge­holt wer­den, sobald rechts­krf­tig die Rechts­un­wirk­sam der Kndi­gung fest­ge­stellt wird (BAG, Beschluss vom 10.11.2004, Az. 7 ABR 12/04).

Jeg­li­che Wahl­be­rech­ti­gung ent­fllt nach einer auer­or­dent­li­chen Kndigung/fristlosen Kndi­gung im Sin­ne von 626 Abs. 1 BGB, sofern der Arbeit­neh­mer nicht vor­lu­fig wei­ter­beschf­tigt wird.

b) Wahlberechtigung innerhalb der Kndigungsfrist

Ist dem Arbeit­neh­mer ein Kndi­gungs­schrei­ben zuge­gan­gen bzw. hat der Arbeit­neh­mer gegen­ber dem Arbeit­ge­ber selbst die Kndi­gung erklrt und fin­det die Betriebs­rats­wahl noch inner­halb der Kndi­gungs­frist statt, ist der betref­fen­de Arbeit­neh­mer wahl­be­rech­tigt. Dies soll sogar fr den Fall gel­ten, dass der Arbeit­neh­mer vom Arbeit­ge­ber von der Erbrin­gung der Arbeits­pflicht frei­ge­stellt wur­de. Die­se Auf­fas­sung ist kon­se­quent, ver­hin­dert sie doch etwa­ige Wahl­be­ein­flus­sun­gen durch arbeit­ge­ber­sei­ti­ge Frei­stel­lun­gen.

Die Whl­bar­keit hin­ge­gen beschreibt die Fhig­keit, selbst in den Betriebs­rat gewhlt wer­den zu knnen. Die magebli­che gesetz­li­che Vor­schrift fin­det sich in 8 BetrVG. Whl­bar sind danach alle Wahl­be­rech­tig­ten, die dem Betrieb seit (min­des­tens) 6 Mona­ten angeh­ren oder als in Heim­ar­beit Beschf­tig­te in der Haupt­sa­che fr den Betrieb gear­bei­tet haben. Nicht whl­bar ist, wer in Fol­ge einer straf­ge­richt­li­chen Ver­ur­tei­lung die Fhig­keit ver­lo­ren hat, Rech­te aus ffent­li­chen Wah­len zu erlan­gen. Der Ver­lust die­ser Fhig­keit ergibt sich nach 45 Abs. 1 StGB stets bei einer straf­ge­richt­li­chen Ver­ur­tei­lung wegen eines Ver­bre­chens zu einer Min­dest­frei­heitstra­fe von einem Jahr.

Die­ser Ver­lust ist aller­dings auf die Dau­er von 5 Jah­ren nach Rechts­kraft des Urteils beschrnkt.

Nach dem Geset­zes­wort­laut setzt die Whl­bar­keit eine Wahl­be­rech­ti­gung vor­aus. Inso­weit ergibt sich ohne wei­te­res, dass jeden­falls Arbeit­neh­mer, denen auer­or­dent­lich bzw. frist­los gekndigt wur­de oder deren Kndi­gungs­frist im Rah­men einer ordent­li­chen Kndi­gung abge­lau­fen ist, jeden­falls dann nicht whl­bar sind, wenn kein Kndi­gungs­schutz­ver­fah­ren ein­ge­lei­tet und kei­ne vor­lu­fi­ge Wei­ter­beschf­ti­gung erfolgt ist.

Aller­dings war strei­tig, wie die Fra­ge der Whl­bar­keit zu beant­wor­ten ist, wenn der Arbeit­neh­mer Kndi­gungs­schutz­kla­ge beim Arbeits­ge­richt erho­ben hat.

3. Wahlanfechtung und Nichtigkeit

Bei den ver­schie­de­nen Ver­fah­rens­ar­ten zur Betriebs­rats­wahl mssen zahl­rei­che Wahl­vor­schrif­ten beach­tet wer­den. Die Pra­xis zeigt, dass die Feh­ler­quo­te gera­de nicht geschul­ter Wahl­vorstnde erheb­lich ist. Wird die Wahl trotz etwa­iger Mngel fort­ge­setzt, stellt sich die Fra­ge, ob die Wahl ange­foch­ten wer­den kann bzw. gra­vie­ren­de Mngel sogar zur Nich­tig­keit der Wahl fhren.

a) Nichtigkeit einer Betriebsratswahl

Die  Nich­tig­keit einer Betriebs­rats­wahl ist gesetz­lich nicht  gere­gelt. Sie ist aber als Rechts­fol­ge nach all­ge­mei­ner Auf­fas­sung von Lite­ra­tur und Recht­spre­chung dann aner­kannt, wenn gegen wesent­li­che Grund­stze  der Wahl in so hohem Mae vers­toen wor­den ist, dass nicht ein­mal mehr der Anschein einer dem Gesetz ent­spre­chen­den Wahl vor­liegt. Not­wen­dig  fr eine Nich­tig­keit ist damit ein beson­ders gro­ber und offen­sicht­li­cher Versto gegen wesent­li­che gesetz­li­che Wahl­re­geln. Die Nich­tig­keit der Wahl kann zu jeder Zeit gel­tend gemacht wer­den. Eine Bin­dung an bestimm­te Fris­ten zur Anru­fung des Arbeits­ge­richts besteht nicht. Rechts­fol­ge ist eine Unwirk­sam­keit ex tunc (rck­wir­kend), so,  als ob ein Betriebs­rat nie exis­tiert htte.

Wird gegen wesent­li­che Grund­stze des Wahl­rechts in einem so hohen Ma vers­toen, dass nicht ein­mal der Anschein einer dem Gesetz ent­spre­chen­den Wahl mehr vor­liegt, soll dies nach all­ge­mei­ner Auf­fas­sung von Lite­ra­tur und Recht­spre­chung zur Nich­tig­keit der Wahl fhren. Hier ist ein beson­ders gro­ber und offen­sicht­li­cher Versto gegen wesent­li­che gesetz­li­che Wahl­re­geln vonn­ten. Die Nich­tig­keit der Wahl kann zu jeder Zeit gel­tend gemacht wer­den. Eine Bin­dung an bestimm­te Fris­ten zur Anru­fung des Arbeits­ge­richts besteht nicht.

b) Mglichkeit der Wahlanfechtung

Lie­gen kei­ne Nich­tig­keits­grn­de vor, kommt bei Vers­ten gegen Wahl­vor­schrif­ten ledig­lich die Wahl­an­fech­tung in Betracht.

Dazu ist in 19 BetrVG die Mglich­keit der Wahl­an­fech­tung vor den Arbeits­ge­rich­ten vor­ge­se­hen. Aller­dings soll das lan­ge und auf­wn­di­ge Ver­fah­ren der Betriebs­rats­wahl nicht gleich wegen jeder Klei­nig­keit auf den Kopf gestellt wer­den. Nach der Rege­lung kann die Wahl beim Arbeits­ge­richt ange­foch­ten wer­den, wenn gegen wesent­li­che Vor­schrif­ten ber das Wahl­recht, die Whl­bar­keit oder das Wahl­ver­fah­ren vers­toen wor­den ist und eine Berich­ti­gung nicht erfolgt ist. Die Wahl­an­fech­tung steht unter dem Vor­be­halt, dass durch den Versto das Wahl­er­geb­nis auch tat­schlich gen­dert oder beein­flusst wer­den konn­te. Mit ande­ren Wor­ten: Liegt ein Feh­ler vor, der aber fr den Aus­gang der Wahl gnz­lich ohne Bedeu­tung ist, soll auch eine Wahl­an­fech­tung aus­schei­den.

Nach 19 Abs. 2 BetrVG kann eine Wahl­an­fech­tung nicht durch jeder­mann erfol­gen. Anfech­tungs­be­rech­tigt sind ledig­lich min­des­tens drei Wahl­be­rech­tig­te, eine im Betrieb ver­tre­te­ne Gewerk­schaft oder der Arbeit­ge­ber. Zu beach­ten ist, dass die Wahl­an­fech­tung nur bin­nen einer Frist von zwei Wochen, gerech­net vom Tag der Bekannt­ga­be des Wahl­er­geb­nis­ses an, zuls­sig ist.

Nicht ver­ges­sen: Wir von der ibp. unterst­tzen Sie ger­ne dabei!

Blei­ben Sie gesund!

Glck­auf,
Andre­as Gala­tas

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